Unter einem Dreistrahlfall versteht man eine solche Interferenzanordnung, in der der Kristall nicht nur die Interferenzbedingung für eine Netzebene sondern gleichzeitig für zwei Netzebenen erfüllt (es gibt also neben dem Primärstrahl zwei gebeugte Strahlen). Im Bild der Ewaldschen Konstruktion heißt das, es liegen drei Punkte des reziproken Gitters auf der Ewaldkugel O, H und G. Als Beugungsvektor tritt neben h und g noch der Differenzvektor h - g auf. Über den h - g Reflex gibt es eine Kopplung zwischen dem h- und g-Reflex. Aus der Feinstruktur der Reflexionskurven lassen sich Informationen über die Phasen der Strukturfaktoren der beteiligten Reflexe erhalten, die zur Lösung des "Phasenproblems" der Strukturanalyse herangezogen werden können. Aber nicht nur die Phase der Strukturfaktoren ändert sich bei Annäherung an den Dreistrahlfall. (y-Rotation), sondern auch der Betrag ändert sich. Dies äußert sich im Fall perfekter Kristalle in den Schnitt-Topographien als veränderte Pendellösungsperiode, wie sie in der Bildmitte erkennbar ist. Dabei verhalten sich die Oszillationen im h- und g-Reflex qualitativ entgegengesetzt.


Schematische Darstellung eines Dreistrahlfalles im realen Raum (links) und mit Hilfe der Ewaldschen Konstruktion im reziproken Raum (rechts)


Schematische Anordnung der experimentellen Strahlgeometrie

Befindet sich im Bereich des Dreistrahlfalles in dem verwendeten Kristall eine einzelne Versetzung, so kann man bei Kenntnis der Kristalldicke am sogenannten intermediären Bild der Versetzung, (das sind die Oszillationen innerhalb des dreieckigen Kontrastes) durch Auszählen der Oszillationen den Betrag des Strukturfaktors ablesen. Der dreieckige Kontrast kommt dadurch zustande, daß diese Versetzung schräg im Kristall verläuft, wobei der Punkt in der Mitte des streifenförmigen Kontrastes dem Durchstoßpunkt der Versetzung auf der Strahlenaustrittsseite und die gegenüberliegende Basis des Dreiecks dem Durchstoßpunkt auf der Strahleneintrittsseite entspricht. Die Versetzungen sind damit gewissermaßen eine Sonde für den lokalen effektiven Strukturfaktor in den beiden Reflexen.


Aufnahmeserie von Versetzungskontrasten für einen Dreistrahlfall von Silizium. Dargestellt sind die Topographien für den h-Reflex. Die Aufnahmepositionen sind jeweils in der Mitte durch Pfeile auf der zugehörigen Schnitt-Topographie eines perfekten versetzungsfreien gleich dicken Kristalls gekennzeichnet.